Arbeitszeitverkürzung ist in aller Munde: Gewerkschaften versprechen sich davon (seit den Streiks für die 35-Stunden-Woche um 1984) traditionell dreierlei: Eine Umverteilung des Arbeitsvolumens auf mehr Köpfe (zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit), eine Humanisierung des Arbeitslebens (durch Senkung der Arbeitsbelastung) und „mehr Zeit zum Leben, Lieben, Lachen“. Doch auch für Unternehmen soll etwa die Vier-Tage-Woche ein Gewinn sein, wie aktuell mit Blick auf das Pilotprojekt der Unternehmensberatung Intraprenör (2024) argumentiert wird: 100 Prozent Leistung – 80 Prozent Arbeitszeit – 100 Prozent Lohn, so die Formel, die den ca. 50 teilnehmenden Unternehmen mehr Umsatz, geringere Krankenstände und eine nachhaltigere Bindung von Fachkräften einbringen soll. Kann Arbeitszeitverkürzung also die Interessengegensätze zwischen Arbeit und Kapital überbrücken? Oder hat Karl Marx Recht, wenn er Arbeitszeit als Maß der Freiheit bezeichnet – und Arbeitszeitverkürzung als Chance für Beschäftigte, dem unternehmerischen Zugriff auf ihre Arbeitskraft engere Grenzen zu setzen?
In diesem Panel wollen wir diskutieren, was der Kampf um Arbeitszeit eigentlich beinhaltet, bevor wir uns aktuellen Debatten über Arbeitszeitverkürzung zuwenden. Wovon hängt es ab, ob Arbeitszeitverkürzung zur Emanzipation von Beschäftigten, zu einer Neuverteilung von gesellschaftlichem Reichtum und zur Etablierung einer grundsätzlich anderen politischen Ökonomie beitragen kann, wie Oskar Negt es formuliert hat?