Vom leeren Ritual zum Massenstreik? Zwischenbilanz der Veränderung von Flächentarifrunden

Über viele Jahrzehnte haben sich Flächentarifrunden in Deutschland zu einem Ritual entwickelt. Beschäftigte haben hierin kaum mehr die Erfahrung gemacht haben, dass es einen Zusammenhang zwischen ihrer Kampfkraft und Durchsetzungsfähigkeit und dem materiellen Ergebnis am Ende der Tarifrunde gibt. In den letzten Jahren - insbesondere im sogenannten Streikjahr 2023 - hat sich dies geändert. Streiks wurden offensiver geführt, die Beteiligung daran hat zugenommen. Kolleg*innen haben zudem mit neuen Formen der Demokratisierung experimentiert. Auf dieser Veranstaltung kommen Kolleg*innen zu Wort, die diese Suchbewegung nach einer neuen konfliktorientierten Gewerkschaftspolitik mit angeführt haben. Mit ihnen diskutieren wir den akutellen Stand und die Perspektiven gewerkschaftlicher Erneuerung in großen Flächentarifrunden.


Jane Mc Aleveys Konzeption von Organizing und ihr Beitrag zu einer globalen Erneuerungsbewegung der Gewerkschaften

Wohl keine andere Organizerin hatte einen so weitreichenden Effekt auf die Erneuerung der globalen Gewerkschaftsbewegung wie Jane McAlevey. In mehreren Jahrzehnten als Organizerin fokussierte Jane sich selbst und die Kolleginnen, die sie begleitete, darauf stets zu fragen: Wie gewinnen die Arbeiter? Gleichzeitig gelang es ihr, zunächst mit ihren Büchern und dann mit Mentoring und Online-Trainings, Hunderten und schließlich Tausenden das Handwerk des Organizing konzeptionell und praktisch näher zu bringen. Zuletzt verkündete Jane nach einem fast zweijährigen Kampf gegen ein aggressives Krebsleiden, dass sie alle Therapien einstellt und damit rechnet bald zu sterben. In dieser Veranstaltung werden Kolleg:innen und Oragnizer:innen, die die Gelegenheit hatten mit Jane zu arbeiten, ihre Organizing Konzeption und ihr konkretes Wirken würdigen.


Von Kranichen das Fliegen lernen: Lehren für erfolgreiche Tarifauseindersetzungen

Die Tarifrunde am Lufthansa Boden ist Beispiel für eine erfogreiche beteiligungs- und konflikorientierte Gewerkschaftsarbeit: Gemeinsam mit Beschäftigten der Lufthansa berichten wir von dem Weg, den die Kolleg*innen in den Letzten Monaten gegangen sind. Insgesamt haben sich dort rund 2.500 Kolleg*innen neu gewerkschaftlich organisiert und Lohnerhöhungen von 15% - 25 % erkämpft. Im Input geht es um einen Rückblick auf die Auseinandersetzung, den demokratischen Rückkopplungsprozess als zentrales Element der Kampagne und vor allem der Frage: Was davon lässt sich in kommende Kämpfe übersetzen?


Krankenhaus ist Teamarbeit - der Kampf gegen das Zweiklassensystem an öffentlichen Kliniken

Die Kolleg:innen der ausgegliederten Service-Gesellschaften der bayrischen Unikliniken befinden sich aktuell in einem Kampf um menschenwürdige Bezahlung und Angleichung an den Tarifvertrag der Länder. Sie werden in dieser Veranstaltung von ihren Erfahrungen berichten und wir werden die Bedeutung ihrer Tarifrunde mit ihnen diskutieren.


Kitas, Schulen, Krankenhäuser: erfolgreich Streiken in und für die öffentliche Daseinsvorsorge

Die Berliner Krankenhausbewegung, Notruf NRW, Schule muss anders oder Kitastrophe Stuttgart - mittlerweile gibt es viele Initiativen und Zusammenschlüsse, in denen sich Beschäftigte zusammentun, um etwas gegen die schlechten Arbeitsbedingungen in diesen Bereichen zu tun, die zu schlechter Versorgung von Patient*innen, Schüler*innen oder Kindern führen. Doch gerade in diesen Bereichen, wo Menschen versorgt oder unterrichtet werden müssen und nicht einfach das Fabrikband abgestellt oder der Müll nicht abgeholt werden kann, scheint es manchmal besonders schwierig, über gewerkschaftliche Organisierung und sogar Streiks Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dass das trotzdem gelingen kann zeigen die erfolgreichen Tarifverträge Entlastung. Wir wollen mit Aktiven aus den Betrieben und Initiativen über ihren Antrieb, ihre Tarifkämpfe und Erfahrungen sprechen - denn: mehr von ihnen ist besser für alle!


Arbeiter*innenklasse heute - wo steht die Gewerkschaftsbewegung in DE?

Im Februar titelte der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft: "Tarifkonflikte auf die Spitze getrieben. Zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ging es in Deutschland im vergangenen Jahr so ruppig zu wie seit Langem nicht mehr." Tatsächlich war 2023 von starken Tarifkämpfen geprägt, allen voran im öffentlichen Dienst. Auch dieses Jahr startete u.a. mit Streiks im Nahverkehr und der Lufthansa. Laut stern-Umfrage stehen gerade junge Menschen diesen Streiks positiv gegenüber: 72% der 18-29- Jährigen finden es positiv, wenn Gewerkschaften an Macht und Einfluss gewinnen. Wir wollen uns mit der Frage befassen: Wie steht es um die Arbeiter:innenklasse in Deutschland und hat sie tatsächlich an mehr Macht und Einfluss gewonnen? Was bedeutet die Entwicklung für sozialistische Gewerkschafter:innen und kommende Auseinandersetzungen?


Kampf um die Köpfe der Kolleg*innen - Wie im Betrieb gegen Rechts kämpfen?

Die breite, bürgerliche Protestwelle gegen die AfD, ausgelöst durch die Enthüllung von correctiv.org im Januar, hat Mut gemacht und ist ein wichtiger Schritt auch für die betriebliche und gewerkschaftliche Arbeit im Kampf gegen Rechts. Die schlechte Nachricht: die rechten Parolen bleiben und die Gewerkschaften sind nach wie vor schlecht aufgestellt, um effektiv dagegen vorzugehen. Die gute Nachricht: als gewerkschaftliche und parlamentarische Opposition können wir an der Wut der Kolleg*innen anknüpfen und wichtige Erfahrungen im betrieblichen Kampf gegen Rechts sammeln und verallgemeinern. Gemeinsam wollen wir uns praktische Beispiele antifaschistischer Betriebs- und Bildungsarbeit in den Krankenhäusern, bei der Post und weiteren Betrieben anschauen und nachhaltige Strategien gegen Rechtspopulismus und AfD in den Belegschaften entwickeln.


Theorie & Praxis - Wie geht sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftspolitik?

Von der Krankenhausbewegung bis zur Tarifrunde im öffentlichen Dienst und darüber hinaus: immer größere Teile der Gewerkschaften erkennen die Notwendigkeit von Erzwingungsstreiks; immer mehr Kolleg*innen sammeln wichtige Erfahrungen bei der Demokratisierung ihrer Tarifkampagnen und Betriebsgruppen. Für uns als Sozialist*innen öffnen sich damit Spielräume für eine politische, konflikt- und an den Arbeiter*innen orientierte Gewerkschaftsarbeit. Wie können Kolleg*innen Arbeitskämpfe von unten führen und selbstbewusste Belegschaften ausbilden, die eigenständig aktiv werden? Wie lässt sich die organisatorische Stärke aus Streiks und Tarifrunden in Aktivengruppen übertragen, die über „Teekesselpolitik“ spontan handlungsfähig werden? Gemeinsam mit Kolleg*innen aus dem Krankenhausbereich und der Post wollen wir Antworten auf diese Fragen finden, unsere Erfahrungen teilen und Betrieb und Gewerkschaft als Kampffelder neu unter die Lupe nehmen


Eine Marxistische Analyse der Gewerkschaften

Gewerkschaften sind, so Marx, Ordnungsfaktor und Gegenmacht zugleich. Diesen Doppelcharakter besitzen sie seit ihrer Entstehung und bestimmen damit über Krieg und Frieden im Betrieb. Statt als Kampforganisation der Arbeiter*innen und Motor in Tarifauseinandersetzungen werden Gewerkschaften und ihre haupt- und ehrenamtlichen Funktionär*innen heute oft eher als vermittelnde und bevormundende Partei im Arbeitskampf wahrgenommen, die über die Köpfe der Belegschaften hinweg mit den Bossen Vereinbarungen treffen. Aber wie kann das eigentlich sein? Hier lohnt ein genauerer Blick auf die oft kritisierte "Gewerkschaftsbürokratie", die in Teilen konfliktorientierte Spielräume öffnet für selbstbewusste und klassenpolitische Gewerkschafter*innen, um sich ihre Gewerkschaft neu anzueignen.


Und ab geht die Post. Über Verteidigungskämpfe im Betrieb und die Rolle von Sozialist*innen

Mit dem Argument „ökonomische Sachzwänge“ treiben Konzernspitzen Arbeiter*innen und Gewerkschaften immer mehr in die Defensive – ob im öffentlichen Bereich durch Kürzungen oder durch Transformationsprozesse und Gewinneinbrüche in der Privatwirtschaft. Die Folge: massiver Personalabbau, Flexibilisierung und Arbeitsverdichtung auf Kosten der Kolleg*innen und der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wie können wir als betrieblich Aktive mit „ökonomischen Sachzwängen“ umgehen, ohne uns vom Kapital vor den Karren spannen zu lassen? Mit welchen Strategien können wir „das Beste“ für die und mit den Kolleg*innen rausholen und gleichzeitig die erfahrbaren Widersprüche nutzen, um die Systemfrage zu stellen? Diesen und weiteren Fragen wollen wir uns anhand der betrieblichen und politischen Entwicklungen bei der Deutschen Post nähern und in die Diskussion kommen.